kleine Anfrage

Jugendliche von der Bundestagswahl ausgeschlossen

Das allgemeine Wahlrecht ist eines der wichtigsten Merkmale moderner Demokratien. Die Wahl zum Deutschen Bundestag findet alle vier Jahre statt. Wahlberechtigt sind alle Bürger*innen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit dem Jahr 1949 mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland oder der Deutschen Demokratischen Republik gelebt haben. Somit sind Jugendliche unter 18 Jahren von der Teilhabe an den Bundestagswahlen ausgeschlossen. Sie können über die Zusammensetzung der nationalen Volksvertretung nicht mitentscheiden.

Der Ausschluss von 16- und 17-jährigen Jugendlichen vom aktiven Wahlrecht ist mit einer notwendigen willkürfreien sachlichen Begründung nicht zu rechtfertigen. Denn bei dieser Altersgruppe lässt sich weder eine generell mangelnde Einsichts- und Urteilsfähigkeit noch eine generell fehlende Möglichkeit der Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Wähler*innen und ihren repräsentativen Organen mit der nötigen Gewissheit feststellen. Dem wird die bestehende Wahlaltersgrenze nicht gerecht. Einsichts- und Urteilsfähigkeit sowie Verantwortungsbewusstsein von Jugendlichen gebieten vielmehr die Teilhabe dieser Altersgruppe am demokratischen Prozess.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Wie viele 16- und 17-jährige Menschen leben in Rheinland-Pfalz, die im Fall einer Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei der anstehenden Bundestagswahl wahlberechtigt wären?

    Antwort: Für die Bundestagswahl 2021 wären dies rund 66 500 Jugendliche (16-Jährige: 33 600; 17-Jährige: 32 900).

  2. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, das Wahlalter bei Parlaments- und Kommunalwahlen auf 16 Jahre abzusenken?

    Antwort: Die Landesregierung befürwortet eine Wahlalterabsenkung auf 16 Jahre, da Jugendliche so bei politischen Entscheidungen mitbestimmen können und die jugendlichen Interessen an einer nachhaltigen und generationsgerechten Politik stärker berücksichtigt werden können. Die Landesregierung hat daher entsprechende Initiativen unterstützt. Da für eine Verfassungsänderung jedoch eine qualifizierte Mehrheit nötig ist, scheiterte 2013 eine Gesetzesinitiative von SPD und den Grünen. 

  3. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um die politische Partizipation der Jugendlichen in Rheinland-Pfalz zu stärken?

    Antwort: Das Wahlrecht ab 16 ist in Schulen Thema in verschiedenen Fächern. SchülerInnen haben zudem Partizipationsrechte auf Schul-, Kreis- und Landesebene. Zudem integrieren Volkshochschulen und andere staatlich geförderte Einrichtungen politische Bildung in ihre Weiterbildungen für junge Erwachsene. Außerdem wird das Projekt „Draußen vor deiner Tür – find your local resistence“ gefördert, bei dem von März bis Dezember 2021 interaktive Rallyes zu politischen und sozialen Themen veranstaltet werden. Zudem das Projekt „Fake News und Wahlen“ (April-Dezember 2021), bei dem die Teilnehmenden lernen, seriöse von unseriösen Quellen zu unterscheiden. Des Weiteren werden institutionelle Strukturen gefördert, die Bildungs- und Partizipationsprozesse fördern, wie bspw. der Landesjugendring RLP, das Institut für Medien und Pädagogik e.V.  und das Europahaus Marienberg. Zudem findet seit vielen Jahren das Projekt Juniorwahlen statt, bei dem ein Wahlgang für SchülerInnen ab Jahrgangsstufe 7 simuliert wird und das vom Ministerium für Bildung, vom Landtag und von der Landeszentrale für politische Bildung unterstützt wird. Die Landeszentrale für politische Bildung ist auch zuständig für das bundesweite Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ in RLP zuständig, bei dem sich SchülerInnen gegen Diskriminierung in der Schule einsetzen können. Seit 2006 wird der Demokratietag unter der Schirmherrschaft von Malu Dreyer veranstaltet, dessen Ziel es ist, junge Menschen an Engagement, Partizipation und die Grundwerte der Demokratie heranzuführen. Unter Federführung des Klimaschutzministeriums gibt es außerdem seit 2019 jährlich das Jugendklimaforum, bei dem Fragestellungen des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit aufgeworfen werden. Schließlich unterstützt die Regierung Initiativen zur stärkeren Jugendbeteiligung in Gemeindevertretungen. Hier finden Modellprojekte für Jugendparlamente und -foren statt, derer Ergebnisse Grundlage für gesetzgeberische Initiativen sein können.

Zur Antwort der Landesregierung

gemeinsame Anfrage von

 Pia Schellhammer
 Fabian Ehmann