kleine Anfrage

Auswirkung der Witterung auf die Waldentwicklung im Jahr 2021

Die Dürre- und Hitzeperiode der vergangenen Jahre hat verheerende Schäden in den bereits geschwächten Wäldern in Rheinland-Pfalz hinterlassen. Führende Forscher*innen und Forscher geben aber trotz des kühlen und niederschlagsreichen Sommers dieses Jahres keine Entwarnung und fordern einen weiteren naturnahen, klimaangepassten Waldbau.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Auswirkungen hatten die Dürre und Hitzeperioden der letzten Jahre auf die Empfindlichkeit der Wälder gegenüber Schadorganismen (z. B. Entwicklung der Borkenkäferpopulation)?

    Antwort: Die ungewöhnlich starke und langanhaltende Hitze und Trockenheit setzen die vernetzten Organismen im Waldökosystem unter extremen Anpassungsdruck. Vor allem ältere Baumarten sind vitalitätsgeschwächt. Gleichzeitig sind Hitze, Trockenheit und geschwächte Wirtsorganismen gute Bedingungen für viele Borkenkäferarten, einige Insekten und Pilze, sodass sich diese massenhaft vermehren konnten. So starben flächenweise Fichten ab nach Befall durch den Buchdrucker und geschwächte Kiefern durch Diplodia-Pilze, Ahornen bekamen eine Rußrindenkrankheit, die durch einen neobiotischen Pilz ausgelöst wurden. Wegen des Befalls durch den kleinen Buchborkenkäfer und des Buchenprachtkäfers wurde das Absterben von ohnehin schon dürregestressten Buchen noch weiter beschleunigt. 

  2. Welche Schadholzmengen (Nadel- und Laubholz) sind bisher seit Anfang des Jahres 2018 in Rheinland-Pfalz angefallen, bzw. welche Mengen an Schadholz werden voraussichtlich in diesem Jahr noch anfallen?

    Antwort: Die Schadholzmenge in den Wäldern von Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2018 erreichte zum 1. Oktober 2021 rund 14 Millionen m3, davon rund 13 Millionen m3 Fichte, im Übrigen jeweils 0,5 Millionen m3 Laubhölzer bzw. andere Nadelhölzer. Im Restjahr 2021 ist mit weiteren Schadholzanfällen von nach jetziger Einschätzung rund 1,4 Mio. m3 zu rechnen, davon 1,2 Mio. m3 Nadelhölzer und 0,2 Mio. m3 Laubhölzer.

  3. Welche Schadflächen im Wald wurden bisher seit Anfang des Jahres 2018 in Rheinland-Pfalz identifiziert (bitte tabellarisch nach Waldbesitzart und Baumarten)?

    Antwort: Die Schadfläche in den Wäldern von Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2018 wird zum 1. Oktober 2021 mit 35 300 ha veranschlagt. Freilagen sind bisher nahezu ausschließlich durch das Absterben von Fichten nach Borkenkäferbefall und Sturmwurf entstanden. Gut 6 500 ha der Schadfläche betreffen aktuell den Staatswald des Landes, insgesamt 28 800 ha den körperschaftlichen, privaten bzw. bundeseigenen Wald. Eine georeferenzierte Erfassung und Beplanung der einzelnen über 0,5 ha großen Freilagen zur Wieder- bewaldung ist derzeit im Staatswald im Gange.

  4. Wie bewertet die Landesregierung die Auswirkungen der bisherigen Niederschläge und Temperaturen im Jahr 2021 auf die Waldgesundheit bzw. Waldentwicklung in Rheinland-Pfalz?

    Antwort: Der Witterungsverlauf im Jahr 2021 war sowohl hinsichtlich der Temperaturen als auch der Niederschläge für die Wälder insge- samt günstig. Dies reichte aber nicht zu einer durchgreifenden Erholung von den Folgen der vergangenen Stressjahre aus.

  5. Konnten die diesjährigen Niederschläge nach bisheriger Schätzung der Landesregierung das Defizit der Grundwasserneubildung der letzten Trockenjahre annähernd ausgleichen bzw. abmildern?

    Antwort: Der allergrößte Teil der Grundwasserneubildung findet in der sogenannten vegetationsfreien Zeit des hydrologischen Winter- halbjahres zwischen November und April statt. Bedingt durch den Klimawandel endet die vegetationsfreie Zeit in vielen Teilen des Landes mittlerweile bereits im März. Während des hydrologischen Sommerhalbjahres verdunstet ein großer Teil des Nieder- schlags, und ein kleiner Teil wird im Boden zwischengespeichert und von den Pflanzen aufgenommen. Er steht somit nicht der Grundwasserneubildung zur Verfügung. Die Niederschläge im vergangenen Winterhalbjahr waren durchschnittlich, sodass auch die Grundwasserneubildung durchschnittlich war und das Defizit der vergangenen Jahre nicht aufgefüllt werden konnte. Die ho- hen Niederschläge im Mai haben bereichsweise zu einer kleinen Erholung der Grundwasserstände beigetragen, die Grundwasser- vorräte sind aber weiterhin weit unterdurchschnittlich.

  6. Welche Unterstützung (Bund und Land) wird aus Sicht der Landesregierung für die Waldbewirtschaftenden (staatlich, kommunal und privat) in den kommenden Jahren nötig sein, um die Wälder langfristig zu erhalten und klimaresistent umzubauen?

    Antwort: Das Land setzt sich schon lange für Hilfestellung auf Bundesebene ein, um jegliche Funktionen des Waldes zu schützen und zu erhalten. Anlässlich des Waldgipfels am 25. September 2019 in Berlin hat die Bundesregierung eine erhöhte finanzielle Unterstützung für die Jahre 2020 bis 2023 in Aussicht gestellt, die nun im Rahmen der Gemeinschaftsausgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) über das Programm zur Förderung von Maßnahmen zur Bewältigung der durch Extremwetterereignisse verursachten Folgen im Wald für kommunale und private Waldbesitzer zur Verfügung steht. Die Maßnahmen werden zu 60% vom Bund und zu 40% vom Land bezuschusst. Im Juli 2021 konnte das Novellierungsverfahren der entsprechenden Verwaltungsvorschrift „Fördergrundsätze Wald“ vom 6. Juli 2021 abgeschlossen werden. Hierin sind unter anderem die modular aufeinander abgestimmten Förderbausteine zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit des Waldes an den Klimawandel zusammengefasst. Beispielsweise sind Maßnahmen zur Initiierung von Naturverjüngungen oder Wiederbewaldungen durch Pflanzung förderfähig. Zusätzlich sind zur Stärkung der Resilienz bestehender klimalabiler Waldbereiche präventive Maßnahmen, wie die Vorausverjüngung mit geeigneten Baumarten, im Förderportfolio enthalten. Ziel der Landesregierung ist es, mit den angebotenen finanziellen Fördermaßnahmen die nicht staatlichen Waldbesitzenden in deren Bemühen zu unterstützen, ihre Wälder in ihrer Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel zu stärken. Unabhängig davon wurde für den landeseigenen Wald mit der zwischenzeitlich in Kraft gesetzten „Grundsatzanweisung Wald- verjüngung im Klimawandel“ eine verbindliche, sehr praxistaugliche Anweisung für die Vor-Ort-Wirtschaftenden herausgegeben. Die Anwendung der darin gegebenen waldbaulichen Hinweise in den anderen Waldbesitzarten wird empfohlen und stellt neben der finanziellen Förderung eine zweite Säule der Unterstützung der Waldbesitzenden im Umgang mit den Klimawandelfolgen im Wald dar.

  7. Welche mittel- und langfristigen Maßnahmen planen die Forstbetriebe nach Kenntnisstand der Landesregierung, um künftig die Wälder an ähnliche Extremwetterereignisse wie die Dürre im Jahr 2018 anzupassen?

    Antwort: Mit der Mainzer Walderklärung vom 11. Juni 2019 hat sich die Landesregierung gemeinsam mit den auf Landesebene organisierten Verbänden des Waldbesitzes zu waldbezogenen Maßnahmen im Klimawandel in den maßgeblichen Handlungsfeldern abgestimmt. Darauf aufbauend wurden für den Staatswald des Landes im Grundsatzpapier „Maßnahmen zur Verminderung von Klimastressfolgen im Wald“ und in der Grundsatzanweisung „Waldverjüngung im Klimawandel“ wesentliche situationsbezogene Eckpunkte in der Umsetzung der naturnahen Waldbewirtschaftung konkretisiert. Wie bereits zu Frage 6 erläutert, stehen diese Entscheidungshilfen auch den nicht staatlichen Waldbesitzenden zur Verfügung. Bei alledem bleibt es mit Blick auf die Waldökosysteme und ihre umfassende Leistungsfähigkeit, ja ihren Fortbestand von entscheidender Bedeutung, das Ausmaß des Klimawandels wirksam im Sinne der international vereinbarten Ziele zu begrenzen.